Im Gespräch mit: Nicos Süsses Atelier

Von der Liebe zum Süßen

Berlin ist eine der großen Food-Metropolen weltweit. Kein Trend geht an der Bundeshauptstadt vorüber. Dass man also bereits mit 24 sein eigenes Unternehmen startet, ist in der Start-Up-Zentrale Berlins alles andere als ungewöhnlich. Außer es handelt sich dabei um eine gehobene Pâtisserie samt Café – in Wilmersdorf. Das ist dann doch eher beachtenswert. In der Fasanenstraße 42, wenige Minuten vom Kurfürstendamm entfernt, finden Naschkatzen bereits seit Herbst 2012 Nicos Süßes Atelier.

Den gebürtigen Usedomer Nico Müller, der seine Ausbildung als Koch begann, zog es für seine Leidenschaft, die Konditorei, nach Berlin, wo er im KaDeWe schließlich zum Konditor ausgebildet wurde. Heute führt er, unterstützt von seiner Schwester Sophia, Nicos Süßes Atelier und präsentiert sein Konzept sogar auf diversen Wochenmärkten.

Für Quisine hat er sich jetzt die Zeit für ein Interview genommen und über sein Geschäft, seine Ausbildung und seine Liebe zur Pâtisserie gesprochen.

Der Chef persönlich. Quelle: Nicos Süßes Atelier. \[…\] [Weiterlesen…](https://quisine.quandoo.de/stories/im-gespraech-mit-nicos-suesses-atelier/attachment/nico_mueller/)

Nico, wann hast du deine Liebe zum Süßen entdeckt und wie genau ist das passiert? Gab es irgendwo eine besonders verführerische Praline, die alles verändert hat?

Die Idee die kam relativ früh. Schon im Kindergarten- oder Vorschulalter, würde ich sagen. Ich hatte da eine Freundin, deren Mutter in dieser Branche gearbeitet hat – und wir haben uns einfach gedacht: „Mensch, später machen wir mal einen Laden auf“. Als es dann später darum ging, einen Beruf zu erlernen, habe ich lange darüber nachgedacht, was ich machen wollte. Wir kommen ja von Usedom, meine Schwester und ich, und dort ist in der Konditorei-Szene nicht sehr viel los. Blechkuchen wollte ich nicht backen. Da es auf Usedom sehr viele Hotels gibt, habe ich dann erstmal eine Kochausbildung gemacht – und während der Ausbildung hat mir mein Küchenchef schon gesagt: „Du, Nico, ich glaube als Koch machst du alles echt wunderbar, aber die süßen Sachen liegen dir dann doch mehr, als morgens mit dem Fisch und Fleisch herum zu hampeln.“

Dann bin ich durch Freunde nach Berlin gekommen – ich war im KaDeWe ganz oben, in der Feinschmeckerabteilung, und habe dort Petit Fours entdeckt. Und war gleich verliebt. Noch im Spaß „Das möchte ich auch können“ gesagt, bin ich letztlich so dazu gekommen. Ach, die Petit Fours haben wir uns dann natürlich auch gekauft.

Du hast es ja schon angesprochen – deine Konditorenausbildung hast du im KaDeWe absolviert. Wie kann man sich so eine Zuckerbäckerausbildung eigentlich vorstellen?

Aufgrund meiner Ausbildung zum Koch konnte ich die vorgeschriebene Lehrzeit von drei Jahren auf zwei verkürzen; ich habe also das erste Jahr übersprungen. In der Berufsschule habe ich mich allerdings erstmal gefragt, wie ich diese ganzen Sachen aufholen soll. Ich saß die ersten Stunden da und verstand nur Bahnhof.

Die Ausbildung selbst lief dann folgendermaßen ab: Da die Konditorei im KaDeWe sehr groß ist – dort arbeiten rund 25 Menschen –, hast du unterschiedliche Stationen, wie zum Beispiel einen Teigposten, einen Französische-Torten-Posten, einen Deutsche-Torten-Posten, einen Petit-Fours-Posten und da bist du immer für gewisse Zeiträume. Man wechselt beispielsweise im 2-Monats-Takt, das kommt auf die Länge der Ausbildung an. Das war natürlich ein krasser Unterschied zwischen der Koch- und Konditoren-Ausbildung, die bei mir nahtlos ineinander überging. Als Koch fängt der Tag meistens um 10 oder 12 Uhr an und geht bis nachts. Jetzt fing plötzlich alles um 6 Uhr an; ich musste also schon um 4 aufstehen. Von 4 bis 15 Uhr – das war schon eine harte Umstellung.

In deiner Konditorei „Nicos Süßes Atelier“ bietest du feinste Leckereien mit ausgesprochen hochwertigen Zutaten. Woher beziehst du diese Produkte?

Ich beziehe meine Produkte für Nicos Süßes Atelier von verschiedenen Lieferanten, darunter natürlich regionale Lieferanten, die mich mit den Standardprodukten beliefern. Wir beziehen Schokolade aus Frankreich, genauer gesagt: von Valrhona, und Belgien, hier von Callebaut, und wir machen sehr viel mit Obst. Besonders wegen dem Obst hatte ich anfänglich sehr große Probleme, es war viel zu teuer. Ich hab mich also gefragt, woher die ganzen Fruchthändler ihr Obst beziehen. Mein Weg führte mich in den Großmarkt – und das ist wirklich eine ganz andere Welt. Seitdem kaufe ich mein Obst dort. Im Großmarkt habe ich die Auswahl und kann selbst entscheiden, welche Produkte hochwertig genug sind, um unseren Ansprüchen zu genügen.

Zählt das auch zu den 5 pro Tag? Quelle: Nicos Süßes Atelier \[…\] [Weiterles](https://quisine.quandoo.de/stories/im-gespraech-mit-nicos-suesses-atelier/attachment/fruechtetoertchen/)

Welche der vielen süßen Delikatessen, die du für Nicos Süßes Atelier selbst in täglicher Handarbeit fertigst, sind deine persönlichen Lieblinge?

Also mein Liebling, den es auch noch nicht so lange gibt, ist das Sophie-Törtchen. Wie der schon Name verrät, wurde es nach meiner Schwester benannt. Da ist mir etwas gelungen, das ich einfach sehr besonders finde. Hier mal ein Ausblick auf die verschiedenen Schichten:

  • Ein Nougat-Crisp-Boden

  • Eine Karamell-Schicht

  • Ein Schokoladen-Biskuit ohne Mehl

  • Ein Schokoladen-Mousse mit Earl-Grey

  • Eine geflammte Passionsfrucht-Creme

Das ist einfach alles drin: Süße, Säure, das Knusprige – und es sieht außerdem unheimlich schön aus. Wird von vielen bestätigt als „das mit Abstand Beste“, was ich bis jetzt hervorgebracht habe. Darauf bin ich natürlich ganz stolz und habe das Törtchen aufgrund des Erfolgs meiner Schwester gewidmet. Die hat sich zwar erst geweigert, aber ihr blieb keine Wahl.

Und welche Leckereien sind die kompliziertesten in der Herstellung?

Der Baumkuchen. Der gehört von der Herstellung zur Königsdisziplin des Tortenmachens. Du musst unglaublich konzentriert dabei sein und es ist sehr anstrengend, weil Schicht für Schicht gebacken werden muss und man braucht auch sehr viel Erfahrung. Man lernt den schon in der Meisterausbildung, aber man lernt eher die Theorie. Die Praxis kommt erst nach und nach.

So kompliziert sehen die auf den Weihnachtsmärkten gar nicht aus…

Den Baumkuchen, den man auf Weihnachtsmärkten findet – na, das ist eigentlich ein Baumstriezel, und damit eine ganz andere Art Kuchen. Da wird der Teig um eine Walze gelegt und vorher gebacken und nicht Schicht für Schicht. Bei meinem Baumkuchen sind es halt 15 bis 16 Schichten, die nach und nach aufgebaut werden. Die Backzeit einer Schicht liegt bei ca. 1 Minute und wenn man da nicht dabei steht und aufpasst – bei der außen 60 Grad heißen Maschine –, dann ist die Schicht verbrannt und man kann den ganzen Baumkuchen wegschmeißen. Das ist eben die Kunst: Nicht nur die Masse herstellen, sondern auch die unterschiedlichen Schichten backen. Das ist das schwierige und komplizierte.

Bei dir gibt es aber nicht nur Macarons, Kuchen und Petit Fours, sondern auch über 20 verschiedene Teesorten, diverse Weine und sogar Champagner. Wie wichtig ist eine richtige Getränkebegleitung zum Dessert?

Ich finde es sehr wichtig. Wir haben aber nicht 20, sondern an die 50 Teesorten mittlerweile. Mit rund 20 haben wir angefangen und es ist mit Zeit und Nachfrage immer mehr geworden. Weil wir nicht einfach Tee im Teebeutel anbieten, sondern losen Tee auch abseits der klassischen Teesorten, sehr viele erlesene Sorten, die man sonst nicht bekommt. Und die werden dann auch wirklich mit Stövchen, Tee-Uhr und verschiedenen Zuckersorten serviert – so kann man das Tee-Trinken auch zelebrieren. Das wiederum schätzen auch immer mehr Leute. Kaffee, finde ich, ist im Geschmack zu dominant, wenn man so ein Stück Kuchen isst. Viele Törtchen haben sehr feine Aromen, die durch diesen Geschmack überdeckt werden. Beim Tee sind die Aromen eher dezent und harmonieren sehr gut mit der Feinheit von Kuchen und Obst. Wir arbeiten dabei mit dem Teehaus Ronnefeldt zusammen und sind sehr zufrieden mit den Teesorten, die wir über sie beziehen.

Zum Thema Champagner und Wein: Wenn man in Gesellschaft ist, trinkt man nicht nur gerne Tee oder Kaffee, sondern auch mal ein Gläschen Champagner oder Sekt dazu, oder zur Quiche beispielsweise mal ein Gläschen Wein.

Was war die verrückteste Kreation, die du anfertigen durftest – für Hochzeiten oder Geburtstage bspw.?

Es gab eine Bestellung, die war sehr ungewöhnlich – für eine Facharztprüfung. Da hat ein Arzt eine Torte mit einem menschlichen Herz darauf bestellt; modelliert aus Marzipan. Das hatte mir doch tatsächlich erstmal die Sprache verschlagen. Ich habe damals anatomische Bilder aus dem Internet gesucht und danach schließlich das Herz modelliert. Ich war selbst erschrocken, wie echt es am Ende aussah. Diese Torte und das Herz waren schon sehr extravagant.

Da blutet das Herz. Quelle: Nicos Süßes Atelier \[…\] [Weiterlesen…](https://quisine.quandoo.de/stories/im-gespraech-mit-nicos-suesses-atelier/attachment/kuchen_mit_herz/)

Im letzten Jahr habe ich aber vor allem meine Liebe zu den Blumen entdeckt. Zum Beispiel gab es eine Hochzeitstorte, die mit Frischblumen garniert werden sollte. Sowohl mit Obst als auch mit Blumen kann man unglaublich schöne Sachen machen. Das ist zwar nicht so verrückt wie das Herz, aber es war in der Summe unglaublich schön.

Teilen: